Das KII in Düsseldorf

Das KII in Düsseldorf

Grün – und das auf gutem Grund

Der neue Kö-Bogen II oder kurz das KII im Herzen von Düsseldorf zwischen Dreischeibenhaus und Schauspielhaus war in der sensiblen innerstädtischen Lage und nicht weit vom Rhein eine Herausforderung für die Tiefbauplanung. Auch das Begrünungskonzept des vielbeachteten Bauwerks war Neuland.

Das KII ist ein markanter Neubau umgeben von denkmalgeschütztem Bestand. Was waren die technischen Herausforderungen?

Michael Stahl: Die Standsicherheit der Nachbarbauwerke, die allesamt höher gegründet sind als das KII, hatte höchste Priorität. Weitblick und Präzision waren gefragt, da auch der Abbruch der bestehenden, bis unterhalb des Grundwasserspiegels reichenden Tiefgarage des Schauspielhauses in den Ablauf der Baugrubenherstellung integriert werden musste. Unter Anwendung einer Schlitzwand als Baugrubenumschließung und in Verbindung mit der Deckelbauweise konnten wir eine bautechnisch solide und verformungsarme Lösung konzipieren – mit dem zusätzlichen Vorteil, dass ober- und unterirdischer Rohbau parallel stattfinden konnten. Auch die Stützen der zwei Stahlbetondeckel mussten aus statischen Aspekten unter Beachtung definierter Toleranzforderungen äußerst präzise in die vorab hergestellten Gründungselemente eingestellt werden.

Ganz in der Nähe verlaufen Düssel und Rhein. Wie war das mit dem Grundwassermanagement?

MS: Dank eines guten Konzepts hat das gut funktioniert: Die Aushubsohle der Baugrube lag deutlich unterhalb der auf dem Baufeld vorherrschenden und vom Rhein beeinflussten Grundwasserstände. Die Lamellen der Schlitzwandumschließung wurden daher bis in die unterhalb des quartären Grundwasserleiters anstehenden gering wasserdurchlässigen tertiären Feinsande geführt. Diese Schicht wirkt als natürliche Sohldichtung, sodass eine Restwasserhaltung mit überschaubaren Wassermengen und geringen Auswirkungen auf das Bauumfeld möglich war. Das während der Bauzeit mittels Schwerkraftfilterbrunnen geförderte Grundwasser wurde über ein Rohrleitungssystem in das nahegelegene Oberflächengewässer Landskrone abgeleitet.

Auch die mit erheblichen Quantitäten verbundene innerstädtische Logistik wird nicht einfach gewesen sein?

MS: Aufgrund des eng bemessenen Bauzeitenfenster sowie der verkehrlichen Anbindung und Flächenknappheit kam der innerstädtischen und unter Tage stattfindenden Logistik eine Schlüsselaufgabe zu – eine exakte Vorplanung und Taktung waren elementar. Um Einschränkungen im Umfeld der Baustelle auf ein Minimum zu reduzieren, wurden Bauabläufe engmaschig überprüft und durch ein gut organisiertes Baustellenmanagement mit Maßnahmen wie externen Logistikflächen, Just-in-time-Anlieferungen, Nachtanlieferung von Schwertransporten, einem Sicherheitsdienst für Fußgänger etc. optimiert.

Sie haben Europas größte Grünfassade geplant. Was war zu beachten, wo wurde Neuland beschritten?

Florian Starz: Die Größe war nicht die wichtigste Herausforderung. Viel wichtiger war es, im relativ knappen Zeitrahmen zwischen erstem Federstrich und Fertigstellung die erforderliche iterative Abstimmung mit den Architekten, dem Bauherrn, den Behörden und den anderen beteiligten Fachplanern zu bewerkstelligen. Zu den Fachplanern zählten in diesem Fall ja nicht nur wie sonst üblich Spezialisten für Tragwerk, Gründung, Brandschutz etc., sondern auch Botaniker, Landschaftspfleger und Baumschulen! Diese Vielfalt neuer, bislang nicht im Hochbau vertretener Themenbereiche war trotz unserer langjährigen Erfahrung mit komplexen Großprojekten auch für uns Neuland.

Die Begrünung hat den ersten Vegetationszyklus hinter sich gebracht. Wie sind die Erfahrungen?

FS: Die Erfahrungen sind sehr gut – es hat sich bewährt, dass die Pflanzen sorgfältig ausgesucht und mit hinreichend Vorlauf kultiviert wurden. Auch die angemessene Planung der technischen Installationen für Pflege und Bewässerung war wichtige Voraussetzung für diesen Erfolg.

Sind Grünfassaden in der Stadt ein Lösungsbaustein für den Klimaschutz und was müsste beachtet werden?

FS: Die Diskussion über das Begrünen der Städte wird nicht nur für Planer immer wichtiger. Grund hierfür sind die zunehmend heißeren Sommer und die mit dem Klimawandel zusammenhängenden Wetterextreme. Die Bepflanzung von Fassaden und Dächern kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den vor uns liegenden Herausforderungen entgegenzuwirken. Grünflächen an und auf den Häusern dienen als Zwischenspeicher für Niederschlag, reduzieren lokale Feinstaubkonzentrationen und können einer sommerlichen Überhitzung des innerstädtischen Raums entgegenwirken. Einzelne Gebäude können nicht alle mit dem Klimawandel und der Umweltverschmutzung verbundenen Probleme überwinden – aber sie sind ein wichtiger erster Schritt und sollten definitiv Schule machen. Damit dies gelingt, müssen die Kommunen entsprechende Regelungen machen – und die Fachplaner müssen das entsprechende Know-how auf- und ausbauen.

Foto: Schüßler-Plan, Sabrina Wacker

Dr.-Ing Michael Stahl ist Leiter Geotechnik bei Schüßler-Plan sowie geschäftsführender Gesellschafter bei ICG Ingenieure.

Foto: Janine Kyofsky, Backnang

Florian Starz ist Teamleiter Fassade bei Werner Sobek in Stuttgart.

Mehr dazu auch im Jahrbuch Ingenieurbaukunst 2022.

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