Umweltstation Würzburg mit RC-Beton

Umweltstation Würzburg mit RC-Beton

Und es funktioniert doch

Beton ist der vielleicht wichtigste Massenbaustoff der Gegenwart. Die Fragen nach der Kreislauffähigkeit häufen sich. Recycling-Beton scheint eine der naheliegenden Antworten zu sein. Bei der Umweltstation Würzburg wurde RC-Beton eingesetzt.

Recycling-Beton, was ist das und wo kann dieser eingesetzt werden?

Angelika Mettke: Recycling-Beton oder kurz RC-Beton besteht wie der klassische Beton aus Sand, Kies oder Splitt, Zement und Anmachwasser sowie aus Betonzusatzmitteln und Betonzusatzstoffen, um die Frisch- und Festbetoneigenschaften einstellen zu können. Der Unterschied zum Normalbeton besteht lediglich darin, dass anstelle von natürlichen Gesteinskörnungen, also Kies oder Splitt, rezyklierte Zuschlagstoffe verwendet werden. Diese werden überwiegend aus Betonbruch, aber auch aus Mauerwerksbruch, in Baustoff-Recyclinganlagen mit definierten Eigenschaften hergestellt. In Abhängigkeit der Umgebungsbedingungen wie Expositionsklassen und Feuchtigkeitsklassen beträgt der mögliche Substitutionsanteil für RC-Zuschlagstoffe ca. 30 bis 45 Prozent.

Recycling-Beton wird bis zur Festigkeitsklasse C 30/37 im konstruktiven Hochbau eingesetzt sowie im Straßenbau als hydraulisch gebundene Tragschicht und auch im Garten- und Landschaftsbau. Optisch wie haptisch bestehen keine Unterschiede zum Normalbeton.

Bisher wird RC-Beton nicht so häufig verwendet. Woran liegt das?

A.M.: Zum einen haben Bauherren und Planer oft wenig Kenntnis zu den Möglichkeiten von RC-Beton, zum anderen existieren Qualitätszweifel – wenngleich unberechtigt. Auch das Festhalten am Althergebrachten trägt dazu bei. Wenn keine Nachfrage besteht, dann wird auch kein RC-Beton produziert. Zukünftig sollte RC-Beton aus Umweltschutzgründen bei Ausschreibungen ein Vorzug gegenüber Normalbeton eingeräumt werden. Nur, wenn aus technischen Gründen RC-Beton nicht einsetzbar ist – und dies müsste nachgewiesen werden – sollte Normalbeton zum Einsatz kommen.
Auch der Preis spielt eine Rolle. Von RC-Zuschlägen wird erwartet, dass sie günstiger sind als natürliche Gesteinskörnungen. Das ist jedoch meist nicht der Fall. Die Aufbereitung von Bauschutt ist oft teurer als die Gewinnung natürlicher Zuschlagstoffe. Bei rezyklierten Gesteinskörnungen müssen nämlich zusätzlich zu den technischen auch die umwelttechnischen Eigenschaften geprüft werden.

Bei der Umweltstation Würzburg kam RC-Beton zum Einsatz.

A.M.: Ja, die Vorteile von RC-Beton wurden von Planer und Bauherrn erkannt. Um natürliche Baurohstoffe zu schonen und die im Raum Würzburg existierenden Baustoff-Aufbereiter zu nutzen, wurde entschieden, mit RC-Beton zu bauen. Gerade städtische Ballungsgebiete bieten ideale Voraussetzungen. Zum einen fällt viel Bauschutt beim Rückbau von Bausubstanz an und zum anderen wird viel Beton benötigt. So können Ressourcen geschont und das Landschaftsbild geschützt werden.

Was für ein RC-Beton wurde verwendet und welche konkreten ökologischen Vorteile bringt das?

A.M.: Es wurde RC-Beton C20/25, C25/30 und C30/37 nach den Vorgaben der Ingenieure verbaut. Verwendet wurde die RC-Gesteinskörnungsgröße 2/16. In Abhängigkeit des Einbauortes wurde jeweils der maximale Anteil an RC-Zuschlägen ausgeschöpft.

Anhand des Energieaufwandes zur Herstellung von Normalbeton und RC-Beton können die CO2-Emissionen berechnet werden. Für 480 Kubikmeter verbauten RC-Betons bei der Umweltstation wurde im Vergleich zu Normalbeton rund 645 Kilogramm CO2 eingespart. Dafür wurden 366 Tonnen RC-Zuschläge eingesetzt und damit rund 160 Quadratmeter Abbaufläche verschont. Weiter wurden durch das Baustoffrecycling etwa 230 Kubikmeter Deponieraum nicht beansprucht. Wegen mangelnder Deponiekapazitäten in der Region Würzburg hätte der Bauschutt sogar bis nach Thüringen transportiert werden müssen.

Hat der RC-Beton die Tragwerksplanung beeinflusst?

Alexander Hentschel: Der Einfluss des RC-Betons auf die Planung im Hochbau ist meist gering. Bei der Umweltstation hatten wir das Tragwerk für geregelte Festigkeiten bis C30/37 ausgelegt. Die fehlende Expositionsklasse XF2 konnte kompensiert werden. Das Kriech-, Schwind- und Verformungsverhalten entspricht den im Eurocode geregelten Normalbetonen, so dass die bekannten Berechnungsmethoden angewendet werden können. Ansonsten hat der RC-Beton im Vergleich zum Normalbeton keinen Einfluss auf die Detailausbildung oder die Bewehrungsführung.

Wie geht es weiter mit RC-Beton in Deutschland?

A.M.: Nach dem aktuellen Kreislaufwirtschaftsgesetz ist die öffentliche Hand verpflichtet, geeigneten rezyklierten Baustoffen den Vorzug zu geben. Wir merken, dass Bauherren zunehmend interessiert sind, mit RC-Beton zu bauen. Aktuelle wird an RC-Betonen mit Geopolymeren statt Zement und mit Brechsanden geforscht. Auch textile Bewehrung ist ein Thema.

Foto: Angelika Mettke

Prof. Angelika Mettke ist außerplanmäßige Professorin für Bauliches Recycling an der BTU Cottbus-Senftenberg und wurde 2016 mit dem Deutschen Umweltpreis ausgezeichnet.

Foto: TRAGRAUM Ingenieure

Dr.-Ing. Alexander Hentschel ist geschäftsführender Partner bei TRAGRAUM Ingenieure PartmbB sowie Prüfingenieur für Standsicherheit.

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