Rückblick 5. Symposium Ingenieurbaukunst – Design for Construction

Rückblick 5. Symposium Ingenieurbaukunst – Design for Construction

Leichtbau oder ökologisch leichter bauen

29. November 2023, Oskar von Miller Forum München & Online

Impuls: Was kann Leichtbau heute bedeuten?
Lucio Blandini, Universität Stuttgart, Werner Sobek AG
Klaas de Rycke, Bollinger+Grohmann, Bartlett/UCL, ENSA-Versailles

Laut Lucio Blandini vom ILEK zielte der klassische Leichtbau auf Material- und Gewichtsersparnis ab. Angesichts der der globalen Herausforderungen muss ein erweiterter Leichtbaubegriff heute neben Ressourcenschonung auch Klimaschutz und Zirkularität berücksichtigen und könne mit biobasierten Baustoffen, Gradientenbeton oder 3D-Druck umgesetzt werden. Klaas de Rycke von Bollinger+ Grohmann schlug in dieselbe Kerbe und forderte mehr bio- und geobasierte Materialien und Holzbau. Moderne Berechnungs- und Fertigungsmethoden erlauben es, Lehm & Co. heute effizienter einzusetzen, doch fehlen sowohl Regeln zur Anwendung, als auch häufig der Mut zur Umsetzung. Das trifft nicht nur auf Lehm zu, sondern auch auf die Natursteinfundamente des Eiffelturms, eine Straßenbrücke aus unbewehrtem Beton oder vorgespannte Steintreppen, so de Rycke, und fordert entsprechende Bemessungskonzepte und Bauregeln. Die Verbindung von Berechnungsansätzen mit KI und Ökobilanzierung zur Optimierung von Bauwerken ist ein Lösungsansatz für die Nachhaltigkeitskrise. Aber auch hybride Konstruktionen, der verstärkte Einsatz von Sekundärrohstoffen und das Bauen im Bestand sind das Gebot der Stunde.

Projekt: Olympisches Wassersportzentrum Paris
Andreas Pfadler, sbp

Andreas Pfadler von sbp berichtete über den Bau des Wassersportzentrums in Paris für die Olympiade 2024. Im Vergleich zu London und Rio de Janeiro hatte sich Paris zum Ziel gesetzt, den ökologischen Fußabdruck der Spiele und damit auch der Bauwerke zu halbieren. So werden möglichst viele Bestandsgebäude für die Wettkämpfe und Unterkünfte genutzt; für neu zu errichtende Bauwerke wurden eine strenge Obergrenze für den CO2-Fußabdruck sowie Vorgaben zum Mindestanteil an nachwachsenden Rohstoffen festgelegt. Für das Wassersportzentrum bedeutete dies, dass für die frei spannenden und fast 100 m langen Tragelemente des Hallendachs nur Holz als Baustoff in Frage kam. Hierfür wurden 3-teilige Holzlamellen entworfen und in Summe somit für das primäre Tragwerk rd. 1.850 m³ Holz verwendet. Die markante konkave Holzkonstruktion des Hallendachs wurde geometrisch so optimiert, dass sich die lichten Höhen an Becken und Tribünen orientieren und so das zu beheizende Hallenvolumen auf Minimum reduziert werden konnte. Auf dem Dach wurde eine der größten städtischen Solarfarmen Frankreichs installiert, im Untergeschoss befindet sich ein Rechenzentrum, so dass die Abwärme zur Beheizung der Halle genutzt werden kann. Außerdem wurde eine flexible Nutzung der Tribünen geplant und ein Nachnutzungskonzept erstellt.

Diskussion
mit Josef Taferner, Bergmeister Ingenieure

Josef Taferner unterstrich die Wichtigkeit eines intelligenten Tragwerksentwurfs sowie Leichtbau nicht nur als Frage des Gewichts und der Materialität zu verstehen. Auch die Aspekte der Treibhausgasemissionen sowie der Bauabfälle bzw. Ressourcenschonung müssen mitgedacht werden. Blandini stimmte hier zu und ergänzte, dass neben der Erweiterung des Leichtbau-Begriffs um neue Aspekte auch eine Gewichtung erforderlich sei. Klaas de Rycke hakte hier ein und gab zu bedenken, dass weniger Quadratmeter auch leichter sei, selbst wenn Konstruktionen ein höheres Gewicht aufwiesen, könnten sie ökologisch leichter sein. Blandini forderte mehr Ausbildungsinhalte zum nachhaltigen Bauen bereits im Bachelorstudium. Pfadler ergänzte, dass bei der Konstruktion Gewicht eingespart wurde, dies jedoch nicht immer einfach zu realisieren war. Auch beim Wassersportzentrum tendierten die Baufirmen zu einer konventionellen Betonkonstruktion. Taferner lenkte die Diskussion zur Haustechnik, die oft ein höheres Treibhauspotenzial als das gesamte Tragwerk aufweise. Die Einbeziehung der TGA in einer möglichst frühen Planungsphase sei daher wichtig. Blandini stimmte zu und ergänzte, dass eine integralere Planung sowie entsprechende Vertragsbedingungen für die Kooperation zwischen Bauausführung und Planung notwendig seien. Leichtbau ist eine große Chance zur CO2-Reduktion.

Leichtbau oder ökologisch leichter bauen: Andreas Pfadler, Lucio Blandini, Klaas de Rycke, Josef Taferner
Quelle: Stefan Hähnel

Das 6. Symposium Ingenieurbaukunst – Design for Construction
Klimagerechte und zuverlässige Infrastrukturen
Am 28. November 2024 in Berlin + Online

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