29. November 2023, Oskar von Miller Forum München & Online
Impuls: Effiziente Betonkonstruktionen
Manfred Curbach, TU Dresden
Die mittleren Temperaturen sind seit 1965 dramatisch angestiegen. Erste Prognosen zu den Auswirkungen stammen ebenso aus dieser Zeit, so Manfred Curbach von der TU Dresden. Gehandelt wurde jedoch viel zu wenig und so sei der Klimawandel inzwischen als ernsthaftes Problem zu betrachten. Deshalb forderte Curbach, einen zusätzlichen Grenzzustand der Klimaverträglichkeit bei der Tragwerksplanung zu berücksichtigen. Vier Stellschrauben gibt es für effiziente Betonkonstruktionen, um weniger Emissionen zu erreichen: CO2-arme Baustoffe (Emissionen pro Masse), effiziente Tragwerke (Masse pro Nutzfläche), reduzierter Komfortanspruch (Fläche pro Nutzung) sowie die Lebensdauer der Bauwerke. Konkrete Ansätze dazu sind z.B. modulares Bauen, Carbonbeton, aufgelöste Konstruktionen oder auch digitale Fertigungsmethoden. Die vor uns liegenden Aufgaben zur Lösung der Nachhaltigkeitsfragen sind mehr Bauforschung, schnellere Zulassung und Anwendung neuer Entwicklungen sowie die Wissensvermittlung in der Bauindustrie.
Projekt: U-Halle Bundesgartenschau Mannheim
Matthias Ernst, EFG Ingenieure
Franziska Heidecker, Hütten & Paläste
Matthias Ernst von EFG Ingenieure und Franziska Heidecker von Hütten & Paläste stellen die U-Halle für die Bundesgartenschau Buga in Mannheim vor. Der Fokus des transformativen Bauens lag auf der Weiterverwendung der bestehenden Tragkonstruktion aus Stahl bzw. aus Stahlbeton der 21.000 m² großen ehemaligen Militärlagerhalle sowie der Wiederverwendung verschiedener Bauteile wie z.B. von Sandwichelementen der Gebäudehülle für den Innenausbau. Um das Buga Leitmotiv Nachhaltiges Bauen umzusetzen, wurden möglichst Sekundärmaterialien verwendet, Verbindungen lösbar gestaltet sowie auf sortenreine Trennbarkeit geachtet. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die gute Zusammenarbeit zwischen Tragwerksplanung und Architektur, so Ernst und Heidecker unisono. Bauwerke befinden sich immer in der Wandlung und sind nie fertig, sagte Franziska Heidecker. Zirkularität muss noch stärker als Entwurfsstrategie umgesetzt werden. Es gelang ein Spagat zwischen Bestandserhalt, Ressourcenschonung und Zirkularität sowie der Schaffung eines modernen Ausstellungsgebäudes mit attraktiven Außenflächen unter Berücksichtigung der verschiedenen Nutzeranforderungen.
Diskussion
mit Alexander Schumann, Carbocon
Alexander Schumann von Carbocon betonte, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz neuer Baustoffe oder Bauweisen oft schwierig seien. Dieser könne nur gelingen, wenn alle Beteiligten mitwirken. Matthias Ernst berichtete, dass dies bei der U-Halle geklappt hat, weil der Bauherr Zirkularität klar formuliert habe. Manfred Curbach ergänzte, dass Zustimmungen im Einzelfall für Carbonbeton vergleichsweise schnell gingen, weil aus der Forschung viel Erfahrung vorläge. Er regte an, den fachlichen Austausch zur Zulassung neuer Baustoffe und Bauweisen zwischen den Bundesländern zu verstärken. Zur Ästhetik zirkulären Bauens sagte Franziska Heidecker, dass Kreislaufführung früher üblich war und wir heute oft ein falsches Hochglanzverständnis von Ästhetik hätten. Manfred Curbach ergänzte, dass die Schönheit alter Bauwerke oft in ihrer ausgeprägten Filigranität liege, die großen Flächen moderner Bauwerke aber meist abstoßend wirkten. Alexander Schumann wandte ein, dass Bestandsbauwerke heute wieder mehr gewürdigt werden, selbst wenn die Qualität der alten Baustoffe gering sei. Dazu merkte Manfred Curbach an, dass die Ausbildung für das Verstärken und Erhalten von Bauwerken von großer Bedeutung sei.
Quelle: Stefan Hähnel
Das 6. Symposium Ingenieurbaukunst – Design for Construction
Klimagerechte und zuverlässige Infrastrukturen
Am 28. November 2024 in Berlin + Online