Klimaschutz und Ressourceneffizienz in Zeiten der Digitalisierung

Klimaschutz und Ressourceneffizienz in Zeiten der Digitalisierung

Hochschule und Praxis Hochschule und Praxis

Beim zweiten Block des 2. Symposiums Ingenieurbaukunst - Design for Construction ging es um Klimaschutz und Ressourceneffizienz in Zeiten der Digitalisierung; um die Aufgaben der Hochschulen und die Anforderungen der Praxis.

Impuls Hochschulkonzepte

Lucio Blandini, Uni Stuttgart, Werner Sobek AG

Grundsätzlich ist Leichtbau eine Grundlage für Ressourcenschonung, aber wenn Klimaschutz und Ressourceneffizienz ernst genommen werden, müssen Materialien auch recycelt und wiederverwendet werden. Auch die Integration mehrerer Funktionen je Bauelement führt zu Materialeffizienz. Dazu brauchen wir mehr Mut zur Innovation, um auch mal anders zu bauen, wie beispielsweise mit Schalen, parametrischem Engineering, adaptiven Bauweisen oder der Gradiententechnologie. Zudem sei interdisziplinäre Forschung zur weiteren Digitalisierung des Bauens notwendig.

Impuls Lucio Blandini, Uni Stuttgart, Werner Sobek AG, Foto: Caren Pauli

Christian Hartz, TU Dortmund

Trotz vieler Anstrengungen wird noch immer zu viel Material verbaut und verschwendet. Es werden mehr innovative Materialien gebraucht und es müssten Lösungen interdisziplinär gefunden werden. Auch bei den Lehrformaten sei ein Umdenken erforderlich. Vorbild könne das Dortmunder Modell mit einem gemeinsamen Ausbildungskonzept für Architektur und Bauingenieurwesen sein. Außerdem müssen wir Studierende anleiten, aktiver zu lernen, statt „Bulimie-Lernen“.

Julian Lienhard, Uni Kassel, Str.ucture

Die Digitalisierung begann mit einem Bauingenieur, Konrad Zuse, der den ersten Computer erfand. Aber 80 Jahre danach gibt es im Bauwesen noch immer keine nennenswert höhere Produktivität. Studierenden müsse beigebracht werden, was Digitalisierung bedeute und wie diese fürs Bauen genutzt werden könne. Die „Generation Greta“, die gerade in die Hochschulen strömt, will Lösungswege lernen.

Impuls Julian Lienhard, Uni Kassel, Str.ucture, Foto: Caren Pauli

Impuls Dietmar H. Maier, Ingenieurgruppe Bauen: Praxisforderungen, Beispiel Rheinbrücke Maxau

Praxisforderungen, Beispiel Rheinbrücke Maxau Die Rheinbrücke Maxau ist ein Beispiel für die hocheffiziente Ertüchtigung eines Tragwerks. Die alte Brücke aus den 1960ern hatte Schäden infolge Überlastung und Ermüdung; ein Ersatzneubau sollte vermieden werden. Die orthotrope Platte des Brückendecks wurde mit einer dünnen Schicht UHPC als Fahrbahnergänzung im Verbund ertüchtigt. Als Ingenieure sollten wir besonders im Sinne der Nachhaltigkeit Respekt vor dem Bestand haben, die Normen immer hinterfragen und gleichzeitig modernste Hilfsmittel nutzen. Grundlegend wichtig seien auch heute noch gute Kenntnisse in Mechanik und Werkstoffkunde sowie ein Verständnis nichtlinearer Zusammenhänge. Außerdem sei die Recyclingfähigkeit immer im Bezug zur Langlebigkeit einer Konstruktion zu betrachten.

Impuls Dietmar H. Maier, Ingenieurgruppe Bauen: Praxisforderungen, Beispiel Rheinbrücke Maxau, Foto: Caren Pauli

Diskussion mit Stefan Polónyi und Thomas Klähne, Klähne Bung Ingenieure

Stefan Polónyi, einer der Väter des Dortmunder Modells, betonte, dass bereits im Studium Planung und Ausführung verknüpft gedacht werden sollten. Zukünftige Architekt:innen und Ingenieur:innen müssten zusammen lernen und ausprobieren. Er plädierte für mehr Ingenieurdenken und weniger Normung. Lucio Blandini bestätigt, dass es oft festgefahrene Strukturen gebe, und betont zugleich die gute Zusammenarbeit zwischen Architektinnen und Ingenieurinnen an der Universität Stuttgart. Christian Hartz ergänzt, dass die TGA zur ganzheitlichen Gebäudeplanung dazu gehöre und oft nur Lösungen mit bereits bekannten Ansätzen gefunden würden. Aber nur Bekanntes anzuwenden, reiche oft nicht, es müsse radikaler gedacht werden und Ansätze müssten immer hinterfragt werden. Thomas Klähne ergänzt, dass in der Praxis realistisch gearbeitet werden müsse, und beklagt, dass Absolvent:innen teilweise lückenhafte Kenntnisse hätten, insbesondere im baupraktischen Bereich. Viele Absolvent:innen könnten wunderbar mit FE-Programmen umgehen, aber sie verstünden die Entwürfe oft nicht und würden schlecht baubare Lösungen präsentieren. Das Lernen anhand von Normen sei nicht der richtige Weg; wichtiger sei das mechanische Verständnis. Neben den Generalist:innen müssten aber auch Spezialist.innen ausgebildet werden, plädiert Julian Lienhard. Ergänzend wiederholt Christian Hartz, dass die Kommunikation zwischen Architekt.innen und Ingenieur:innen zu verbessern sei, was bereits im Studium geübt werden müsse.

Stefan Polónyi fasst zusammen, dass es darauf ankomme, sich gegenseitig zu verstehen und zu respektieren.

Abschlussdiskussion u. a. mit Stefan Polónyi, Foto: Caren Pauli

Beim 3. Symposium Ingenieurbaukunst - Design for Construction 2021 am 18. November in Frankfurt/Main und Online wird die Frage diskutiert: Wie bauen wir zirkulär? Programm und Anmeldung: www.ingd4c.org

Mehr dazu auch im neuen Jahrbuch Ingenieurbaukunst 2022, das Anfang Dezember erscheint.