Bauen mit dem Klimawandel

Bauen mit dem Klimawandel

Beim 3. Symposium Ingenieurbaukunst am 18. November 2021 in Frankfurt/Main stand der dritte Themenblock unter dem Motto: Bauen mit dem Klimawandel.

Im ersten Impuls ging Dr.-Ing Marc-Steffen Fahrion von der Werner Sobek AG auf klimaangepasstes Bauen und insbesondere auf Flachdächer und Gebäudebegrünung ein. Mit einem typologischen Überblick zu Flachdachkonstruktionen und deren Qualitäten in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte wurden die Potentiale von begrünten Flachdachkonstruktionen dargestellt. Dabei wurde klar, dass klimaangepasstes Bauen mehr ist als eine Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen. Dazu gehören ebenso Aspekte wie die Reduktion der in den erforderlichen Konstruktionen gebundenen grauen Energie sowie Rückbau- und Recyclingfähigkeit. An einem Referenzhauses in unterschiedlichen städtebaulichen Umgebungen werden die Nachhaltigkeitspotentiale begrünter Dach- und Fassadenflächen verglichen und bewertet. Nicht jedes begrünte Bauteil ist per se ökologisch vorteilhaft. Die richtige Pflanzenauswahl ist wichtig. Insbesondere die Verwendung regionaler Wildarten mit einem Blühangebot über die gesamte Vegetationsperiode wird empfohlen. Siehe auch: Marc-Steffen Fahrion und Moritz Brombacher: Klimaangepasstes Bauen – Die Rolle der „fünften Fassade“. In Jahrbuch (Ingenieurbaukunst 2022)[https://ingd4c.org/jahrbuecher].

Bild 1 Dr.-Ing Marc-Steffen Fahrion, Foto: Renate Schildheuer

Im zweiten Impuls erläuterte Prof. Martin Stumpf von kh-p anhand der BSZN-Mensa Darmstadt Ansätze für eine ressourcenschonendes und nachhaltiges Bauen. Das Tragwerk besteht aus einer Stahlbetonkonstruktion, die von einem Holz-Trägerrost überspannt wird. Dieses Holztragwerk wurde optimiert, indem durch zusätzliche Stützen die Spannweiten reduziert wurden, was automatisch zu geringeren Trägerhöhen führte. Es ist also nicht zwingend erforderlich, immer neue oder technologisch komplexe Bauweisen und Werkstoffe zu entwickeln. Vielmehr können oft auch mit bewährtem Ingenieurwissen ressourcenschonende und nachhaltige Tragwerke entworfen werden. Viele bauhistorisch bewährte, jedoch aus der Mode gekommene Bauweisen, könnten so mit modernen Mitteln wieder Anwendung finden. Alte Bauweisen, wie z.B. Kappendecken, Pilzdecken oder formaktive Strukturen basieren auf der Idee, möglichst wenig Material für die Tragfunktion aufzuwenden. Oft werden noch Stahlbeton-Flachdecken mit sehr hohem Materialbedarf gebaut, obwohl andere Deckenkonstruktionen mit viel weniger Ressourceneinsatz die Anforderungen aus Nutzung, Statik und Bauphysik genauso gut erfüllen können. Heute sollten Konstruktionsideen, die Effizienz und Materialverbrauch des Tragwerks bestimmen, mindestens so wichtig sein, wie die eigentliche Materialwahl. Siehe auch: Martin Stumpf und Max Daub: Nachhaltigkeit in Bau und Zweck – Die neue Mensa des Berufsschulzentrums Nord in Darmstadt. In Jahrbuch (Ingenieurbaukunst 2022)[https://ingd4c.org/jahrbuecher].

Bild 2 Prof. Martin Stumpf, Foto: Renate Schildheuer

In der anschließenden Diskussion mit Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker von der Universität Siegen, die auch Mitglied im Club of Rome ist, wies diese darauf hin, dass der Bausektor immer mehr in den Fokus der Klimawandel-Diskussion rückt und forderte, die vielen guten Ingenieur-Ideen in die Öffentlichkeit zu tragen. Marc-Steffen Fahrion und Lamia Messari-Becker sind sich einig, dass Biodiversität auch in den Siedlungsräumen wichtig ist. Allerdings seien die Fördersysteme unzureichend, weil graue Energie, die Effizienz von Baukonstruktionen oder die Rückbaufähigkeit kaum berücksichtigt würden. Martin Stumpf möchte hier nicht auf die Politik warten, sondern als Ingenieur eigenverantwortlich tätig werden.

Bild 3 Diskussion Bauen mit dem Klimawandel: Dr. Bernhard Hauke, Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker, Prof. Martin Stumpf, Dr.-Ing- Marc-Steffen Fahrion, Foto: Renate Schildheuer

Das 4. Symposium Ingenieurbaukunst (#4_IngD4C) findet am 29. November 2022 in Köln statt, Thema ist „Bauen mit und im Bestand”.